Alyssum

Steinkraut, Kreuzblütler, Brassicaceae

Gattung:

Alyssum umfasst, exklusive Odontarrhena, etwa 113 Arten (Kew 2022), die hauptsächlich im Mittelmeerraum und in Eurasien beheimatet sind. 2015 wurden 87 Arten aus der Gattung Alyssum in die Gattung Odontarrhena überstellt (Španiel & al. 2015). Die Inkongruenz zwischen Morphologie und molekularen Daten deutet darauf hin, dass die aktuelle taxonomische Umschreibung der Gattung überarbeitet werden muss (Li & al. 2015)
 

Alyssum simplex

Kleines Steinkraut,
Alyssum simplex
(Syn.: A. minus, A. parviflorum),
Kreuzblütler, Brassicaceae

 

Steckbrief:

5−15 cm hohe, sternhaarig behaarte Einjährige. Blätter linealisch bis eiförmig, 5−20 mm lang. Blüten anfangs fast in doldenartigen Trauben aus 20−50 Blüten, sich im Laufe der Entwicklung streckend. Blüten sehr klein, hellgelb, weißlich werdend, Kronblätter an der Spitze ausgerandet. Kelchblätter an der Frucht abfallend. Sternhaare auf den Schötchen und im vegetativen Bereich wenigstrahlig. Blütezeit April bis Juni, Nachblüten bis in den Spätsommer.
Verwechslungsmöglichkeit: Beim heimischen Kelch-Steinkraut, Alyssum alyssoides, bleiben die Kelchblätter an der Frucht.
 

Heimat:

Mediterran-südwestasiatisch.
 

Nutzung:

Keine.

 

Ausbreitung:

Ganz vereinzelt verschleppt, vor allem auf Lagerflächen, Schuttplätzen, Trümmer- und Ruderalflächen (Raabe & al. 1996, sub A. minus).
DEUTSCHLAND:
In Baden-Württemberg (Hand & Thieme 2023), am Steigerwaldtrauf des Bullenheimer Bergs in Bayern seit 1990 mit Einbürgerungstendenz (Lippert & Meierott 2014), weiters 1882 in Würzburg, 1900 Eisenbahndamm beim Bahnhof Nördlingen, vor 1876 bei den Lagerhäusern am Münchner Südbahnhof, 1968 am Illerdamm bei Sonthofen-Rieden und 1968 am Straßenrand zwischen Altisried und Sontheim in Bayern (Dörr & Lippert 2001, Meierott & al. 2024), in Brandenburg (Hand & Thieme 2023), Hamburg (Hand & Thieme 2023), 1890 im Hafen von Frankfurt am Main in Hessen (Gregor & al. 2012), 1980 in Quitzenow in Mecklenburg-Vorpommern (Fukarek & Henker 2005), Versmold und Sassenberg in Nordrhein-Westfalen (Weber 1995) und in Rheinland-Pfalz (Hand & Thieme 2023). Die Fundmeldungen aus Schleswig-Holstein und Thüringen dürften irrig sein (Hand & Thieme 2023, Zündorf & al. 2006).
ÖSTERREICH: ---
SCHWEIZ:
Bei Cham im Kanton Zug (Infoflora 2023).
ANDERE LÄNDER:
U.a. auch in Belgien (Verloove 2021) und den Niederlanden (FLORON 2021).

Weitere Arten:

Alyssum dasycarpum

Das Dichtfrüchtige Steinkraut, Alyssum dasycarpum, ist von Südwest- bis Zentralasien beheimatet und wird im Gebiet 1906 für den Mannheimer Hafen in Baden-Württemberg (Höck 1910, Hand & Thieme 2024) und Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz (Höck 1910) angegeben. Die Art wird in den „Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs“ (Sebald & al. 1990) nicht geführt
 

Alyssum hirsutum

Das von der Balkanhalbinsel bis Südwest-Asien beheimatete Borsten-Steinkraut, Alyssum hirsutum, tritt im Gebiet ganz vereinzelt auf, so in Berlin (Seitz & al. 2012) und 1937 in Coswig bei Dresden in Sachsen (Huber-Morath 1962). In Österreich unbeständig an Bahnanlagen im Pannonikum, so am Bahnhof Schleinbach nahe Wolkersdorf und bei Rannersdorf in Niederösterreich (Schneeweiß 2000) und am Liesingbach in Wien (Melzer & Barta 2003). Die Art wurde zwar schon 1997 von T. Barta gefunden, allerdings nicht von A. strigosum unterschieden (Schneeweiß 2000). In der Schweiz ehemals bei Horn im Kanton St. Gallen (Thellung 1915).
 
Subspontan u.a. auch in Norwegen (Gederaas & al. 2012).

Alyssum loiseleurii

Das Loiseleur-Steinkraut, Alyssum loiseleurii, ist an Sandküsten Südwest-Frankreichs und Nordspaniens beheimatet und wird aus dem Gebiet 1906 vom Mannheimer Hafen in Baden-Württemberg (Zimmermann 1910) und in Sandfeldern bei Bingen und Mainz in Rheinland-Pfalz (Andres 1911) angegeben. Die Art wird in der deutschen Florenliste (Hand & Thieme 2023) nicht geführt. Benannt ist sie zu Ehren des französischen Arztes und Botanikers Jean Louis Auguste Loiseleur-Deslongchamps (1774−1849), der als Arzt in Paris praktizierte und schon während seines Militärdienstes Pflanzen sammelte. Loiseleur-Deslongchamps schrieb u.a. eine `Flora Gallica´  (Burkhard 2018).
 

Alyssum rostratum

Das Geschnäbelte Steinkraut, Alyssum rostratum, ist von Osteuropa bis Kasachstan beheimatet und fand sich im Gebiet ganz vereinzelt und unbeständig, so ehemals beim Proviantamt Frankfurt a.d. Oder in Brandenburg (Ascherson & Potonie 1886, Hand & Thieme 2023), 1889 in Kiel-Neumühlen in Schleswig-Holstein (Höck 1900, Hand & Thieme 2023) und ehemals Erfurt-Ilversgehofen in Thüringen (Torges 1899, Hand & Thieme 2023). Subspontan u.a. auch 1897 in Tschechien (Pyšek & al. 2012).
 

Alyssum strigosum

Das vom Mittelmeergebiet bis Zentralasien beheimatete Schlanke Steinkraut, Alyssum strigosum, tritt im Gebiet selten unbeständig auf, so angegeben 1901 im Mannheimer Hafen in Baden-Württemberg (Höck 1910, Hand & Thieme 2023), in Niederösterreich am Bahnhof Enzesfeld-Lindabrunn, in Lanzendorf und bei Großschweinbarth (Melzer & Barta 2008), sowie in Wien (Melzer & Barta 1997, Melzer & Barta 2003, Fischer & al. 2008). Der Erstnachweis für Österreich erfolgte 1883 (Glaser & al. 2025). Die Art wird in den „Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs“ (Sebald & al. 1990) nicht geführtEin Vorkommen für Wien wird in Glaser & al. (2025) als fraglich geführt.
 
Subspontan u.a. auch in Belgien (Verloove 2021).

Alyssum turkestanicum

Das Steppen-Steinkraut, Alyssum turkestanicum (inkl. A. desertorum) ist vom östlichen Mitteleuropa bis zur Mongolei beheimatet und wird für das Gebiet für Baden-Württemberg (Hand & Thieme 2023), Bayern (Hand & Thieme 2023), Berlin (Hand & Thieme 2023), Brandenburg (Hand & Thieme 2023), Hamburg (Hand & Thieme 2023), Rheinland-Pfalz (Hand & Thieme 2023), Sachsen (Hand & Thieme 2023), Schleswig-Holstein (Hand & Thieme 2023), Niederösterreich und Wien angegeben (Fischer & al. 2008 sub A. desertorum).
In der jüngeren Literatur wird für Alyssum desertorum der Name A. turkestanicum verwendet. Die Anwendung dieses Namens, der älter als jener von Stapf ist, hängt nun davon ab, welcher taxonomische Rang Formen mit kahlen (A. desertorum sensu strictissimo) und solchen mit behaarten Früchten (A. turkestanicum sensu strictissimo) zugestanden wird. Bocancev (1979) bemerkt dazu, dass A. turkestanicum aufgrund von Pflanzen beschrieben worden sei, deren einer Teil behaarte, deren anderer Teil aber kahle Früchte habe. Er schlägt vor, die Gesamtart, die entsprechend A. turkestanicum zu heißen habe, mit einem behaartfrüchtigen Exemplar zu lectotypisieren, und kombiniert für kahlfrüchtige Pflanzen den Stapf'schen Namen im Rang einer Varietät um (var. desertorum). Die Durchsicht der Belege von A. turkestanicum in Wien bestätigt, dass sich die beiden Sippen nur in der Schötchenbehaarung unterscheiden (Schneeweiß 2000).
Die Art (inkl. A. desertorum) ist im Marchfeld und Steinfeld Niederösterreichs heimisch, wird hier aber erwähnt, weil durch die Zusammenfassung von A. desertorum und A. turkestanicum der Status als Subspontane für das hier behandelte Gebiet wegfällt.

 

Quellen:

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Bocancev V.P. (1979): Kriticeskie zametki o krestocvetnych, 7 (De Cruciferis notae criticae, 7). - Novosti Sist. Vyssh. Rast. 15: 149-153.

Burkhardt L. (2018): Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen Teil 1 - https://www.bgbm.org/sites/default/files/
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Dörr E. & Lippert W. (2001): Flora des Allgäus und seiner Umgebung Band 1 – IHW-Verlag Eching, 680 S.

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FLORON (2021): Floron Verspreidingsatlas Vaatplanten – www.verspreidingsatlas.nl

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Gederaas L., Loennechen Moen T., Skjelseth S. & Larsen L.-K. (2012): Alien species in Norway, with the Norwegian Black List - http://www.scales-project.net/NPDOCS/AlienSpeciesNorway_2012_scr_9C0ee.pdf

Glaser M., C. Gilli, N. Griebl, M. Hohla, G. Pflugbeil, O. Stöhr, P. Pilsl, L. Ehrendorfer-Schratt, H. Niklfeld & F. Essl (2025): Checklist of Austrian neophytes (2nd edition) – Preslia 97: 413−539.


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