Aesculus

Rosskastanie, Seifenbaumgewächs, Sapindaceae

Gattung: 

Aesculus umfasst etwa 12 Arten (Kew 2022), die im südlichen Eurasien und in Nordamerika beheimatet sind (Kew 2022). Mannigfaltigkeitsgebiet ist Nordamerika mit 7 Arten.
 

Aesculus hippocastanum

Europäische Rosskastanie,
Aesculus hippocastanum 
Seifenbaumgewächs, Sapindaceae

 

Steckbrief: 

Bis 25 m hoher, sommergrüner Baum. Blätter mit 5–7 Teilblättern gefingert, Blättchen verkehrt-eilanzettlich, bis über 20 cm lang, Blattrand fein gezähnt und kurz zugespitzt. Blüten in großen, aufrechten Trauben. Kronblätter 10–15 mm lang, gestielt, kraus bewimpert, weiß, mit gelbem oder rotem Fleck. Staubblätter meist 7, aufwärts gebogen, länger als die Krone. Frucht kugelig, grün, stachelig, Durchmesser bis 6 cm. Samen glänzend dunkelbraun, mit hellem, mattem Nabelfleck, Ø 2–4 cm. Blütezeit April bis Mai.
 

 

Nutzung:

Zierbaum, in mehreren Sorten wie `Baumannii´ (1822) oder `Wisselink´ (1988) vor allem für Straßen und Parkanlagen, auch als Heil-, Wasch- und Färbepflanze und zur Wildfütterung genutzt. Die zerkleinerten Samen können aufgrund ihres Saponingehalts als biologisches Waschmittel genutzt werden. Die Art produziert viel Nektar und ist eine gute Bienenweide. Der Farbwechsel der Blütenmale, die zugleich Staubbeutelattrappen darstellen, zeigt den Insekten an, ob der zuckerreiche Nektar vorhanden ist. Dieser wird nur in der gelben Phase produziert, bei orange oder rot gefärbten Blütenmalen fehlt der Blüte der bis zu 70 % Zucker enthaltene Nektar (Düll & Kutzelnigg 2022). Die Europäische Rosskastanie ist empfindlich gegenüber Immissionen und Salz (Bruns 2009). Die Roßkastanie als schnellwüchsiger Baum mit großem Laub wurde früher zum Beschatten von Bierfässern genutzt. Traditionell entstand daraus die Bepflanzung von Biergärten mit Rosskastanien. 
 

Anmerkung:

Seit etwa 1995 hat sich von der Balkanhalbinsel ausgehend eine Blattkrankheit ausgebreitet, verursacht durch die Miniermotte Cameraria ohridella. Dies zieht als Sekundärinfektion den Befall durch den parasitischen Kleinpilz Guignardia aesculi nach sich, welcher die Bäume deutlich schwächt. Dazu kommen noch weitere Schädlinge wie der Schmetterlingsporling, der Stammfäule verursacht und seit 2010 das Bakterium Pseudomonas syringae, das zum Absterben des Baumes führen kann (Düll & Kutzelnigg 2022).
 

Ausbreitung:

Beheimatet in Bergschluchten der mittleren Balkanhalbinsel. Der flämische Botaniker Carolus Clusius (1526−1609) erhielt im Jahr 1576 Samen der Rosskastanie vom kaiserlichen Gesandten und Botaniker Ogir Ghislain de Busbecq (1522−1592) aus Konstantinopel und zog diese in Wien. Von dort weg verbreitete sich der Baum über Botanische Gärten und Privatgärten in ganz Europa. Die natürlichen Vorkommen in Nordgriechenland wurden erst 1879 entdeckt (Düll & Kutzelnigg 2022).
Die Europäische Rosskastanie wird auch gegenwärtig kultiviert und verwildert oft, so beispielsweise über Wildfütterungen. Angaben zu Einbürgerungen sind jedoch selten. Erst in den letzten Jahrzehnten wird aus Teilen Mitteleuropas mehrfach von einer zunehmenden Einbürgerungstendenz berichtet, z.B. Schönfelder & Bresinsky (1990) für Bayern, Adolphi (1995) für das Rheinland, Melzer (1999) für die Steiermark, Landolt (1997) für die Stadt Zürich und Essl (2005 & 2006) für die Erlauf-Schlucht im niederösterreichischen Alpenvorland.
DEUTSCHLAND:
In allen Bundesländern häufig verwildert.
ÖSTERREICH:
In allen Bundesländern gelegentlich in Gebüschen, Wäldern und an Waldrändern verwildert, zumeist aber nur in Jungpflanzen (Essl & Rabitsch 2002, Glaser & al. 2025). Der Erstnachweis für Österreich erfolgte 1846 von Wien (Neilreich 1846, Glaser & al. 2025). Wenig später berichtet Brittinger (1862) von Verwilderungen der Rosskastanie in Oberösterreich. Vielfach auch in Südtirol (Wilhalm & al. 2004).
SCHWEIZ:
Häufig verwildert, vor allem im Mittelland (Infoflora 2023). Im Kanton Zürich erstmals vor 1931 im Belvoir-Park als verwildert registriert, ab 2000 in 46 % der Quadranten subspontan (Wohlgemuth & al. 2020). Auch in Liechtenstein, so bei Balzers, hier wohl auf Wildfütterung zurückgehend (Waldburger & al. 2003).
ANDERE LÄNDER:
Subspontan u.a. auch in Norwegen (Gederaas & al. 2012), in den Niederlanden (FLORON 2021), in Frankreich (INPN 2021), Tschechien (Pyšek & al. 2012) und seit 1830 in der Slowakei (Medvecká & al. 2012).


Weitere Sippen:

Aesculus ×carnea

Die Rote Rosskastanie, Aesculus ×carnea ist eine fertile Hybride aus Aesculus hippocastanum × A. pavia, die keimfähige Samen bildet. Sie ist um 1818 entstanden, nach Angabe von Düll & Kutzelnigg (2022) bereits seit 1771 in Kultur. 1858 ist `Briotii´ in Frankreich ausgelesen worden. Diese ist wuchsfreudiger und hat intensiv purpurne Blüten.
 
Deshalb wird sie häufig als Zierbaum kultiviert und findet sich selten unbeständig verwildert, so bei Neuwiesen in Bayern (Breitfeld & al. 2017) und Königswinter in Nordrhein-Westfalen (Gorissen 2015). Der Erstnachweis für Bayern erfolgte nach 1980 (Meierott & al. 2024). Subspontan auch in Norwegen (Gederaas & al. 2012), den Niederlanden (FLORON 2021) und seit 1963 in Tschechien (Pyšek & al. 2012).

Aesculus flava

Im östlichen Nordamerika ist die Appalachen-Rosskastanie, Aesculus flava, beheimatet. Sie ist in Nordamerika die größte und forstwirtschaftlich bedeutendste Rosskastanien-Art, deren Holz vor allem zu Möbeln verarbeitet wird. Die Art ist stadtklimafest und rauchhart, ihre Triebe sind für das Vieh giftig (Bruns 2009). Sie findet sich seit 1764 in gärtnerischer Kultur, wird bei uns aber aufgrund ihrer wenig aufregenden Blüten nur selten als Zierbaum kultiviert. Im Pflanzenhandel findet sich auch eine um 1970 in den Niederlanden selektioniert Sorte `Vestita´ mit anfangs behaarten Trieben und einer gleichmäßigeren Krone.
Die Appalachen-Rosskastanie findet sich sehr selten und unbeständig subspontan, so 1901 in Langensendelbach und 1998 bei Königsberg in Bayern (Meierott 2008), Buckow in Brandenburg (Ascherson 1888, Hand & Thieme 2023), Köln in Nordrhein-Westfalen (Sumser & al. 2015), Magdeburg in Sachsen-Anhalt (Nickolmann & Walther 2004) und 1999 an der Milz bei Milz in Thüringen (Meierott 2008). Subspontan auch in Frankreich (INPN 2021).

Aesculus glabra

Die aus dem östlichen Nordamerika stammende, 1809 nach Europa gekommene Ohio-Rosskastanie, Aesculus glabra, wird aufgrund ihrer wenig ansehnlichen Blüten selten kultiviert und wurde im Botanischen Garten Berlin-Dahlem verwildert gefunden (Sukopp 2006).
 


Aesculus parviflora

Selten kultiviert und vereinzelt verwildert tritt die nordamerikanische Strauch-Rosskastanien, Aesculus parviflora, auf. Sie ist seit spätestens 1785 in gärtnerischer Kultur.
 
Subspontan 2015 im Bahngelände Neue Heimat Bayreuth in Bayern (Breitfeld & al. 2021) und in Sachsen (Hassler & Muer 2022). Der Erstnachweis für Bayern erfolgte 2009 (Meierott & al. 2024). Die Angabe für ein ehemaliges Vorkommen in Nordtirol dürfte irrig sein (Pagitz & al. 2023).
Subspontan seit 2011 auch in Belgien (Verloove 2021), seit 2005 in Schweden (Seebens & al. 2017) und Frankreich (INPN 2021).

Aesculus pavia

Die Rosa Rosskastanie, Aesculus pavia, auch Pavie genannt, stammt aus dem östlichen Nordamerika. Sie wird seit spätestens 1711 gärtnerisch kultiviert, auch in Sorten wie `Atrosanguinea´ (1834) mit dunkelroten Blüten oder in der Zwergform `Koehnei´ (vor 1893).
 
Sehr selten unbeständig auftretend, so in Baden-Württemberg (Hand & Thieme 2023), 1881 in Günzburg und 1899 in Neu-Ulm in Bayern (Fischer 1975) und in Mecklenburg-Vorpommern (Hassler & Muer 2022). Die Art ist in der „Flora von Bayern“ (Meierott & al. 2024) als wahrscheinlich nicht subspontan für Bayern angegeben. Auch in der deutschen Florenliste (Hand & Thieme 2023) als fraglich für Bayern geführt. Eine ehemalige Angabe für Nordtirol dürfte irrig sein (Pagitz & al. 2023). Subspontan auch in Belgien (Verloove 2021) und Frankreich (INPN 2021).

Quellen:

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