Actinidia

Kiwi, Kiwigewächs, Actinidiaceae

Gattung:

Actinida umfasst etwa 56 Arten (Kew 2022), die in Süd-, Südost- und Ostasien beheimatet sind. Etwa 7 davon werden in Mitteleuropa gärtnerisch genutzt (Bruns 2009).
 

Actinidia chinensis

Kiwi,
Actinidia chinensis (inkl. A. deliciosa)  
Kiwigewächs, Actinidiaceae

 

Steckbrief:

Bis etwa 10 m hoch bzw. weit kletternde, verholzte, sommergrüne, zweihäusige Liane mit braunfilzigen Trieben. Blattspreiten eiförmig-rundlich, 8–12 cm lang, gestielt, Basis herzförmig, oberseits dunkelgrün, unterseits weichfilzig behaart. Blüten fünfzählig, cremeweiß, unvollständig zweihäusig: männliche Blüten einzeln in den Blattachseln, mit vielen Staubblättern, oft noch mit einem verkümmerten Fruchtknoten, weibliche Blüten mit einem zylindrischen, aus vielen Fruchtblättern bestehenden Fruchtknoten. Blütezeit Mai bis Juni.
 

 

Nutzung:

Obstpflanze, in verschiedenen Sorten wie `Jenny´ oder `Abbot´ (1930). Die Art blüht am vorjährigen Holz und kann in strengen Wintern zurückfrieren, treibt aber immer wieder durch (Bruns 2009). Bluter, der einen Rückschnitt im Winter oder Frühling nur schlecht verträgt.
 

Ausbreitung:

Als Entdecker der Kiwi für die westliche Welt gilt der englische Pflanzenjäger Ernest Wilson (1876−1930), der im Auftrag der Gartenbaufirma Veitch & Sons Reisen nach Ostasien unternahm. Sein Hauptinteresse bei der ersten China-Expedition 1899 galt dem Taschentuchbaum, Davidia involucrata. Praktisch nebenbei entdeckte er auch den Chinesischen Strahlengriffel, Actinidia chinensis. Samen von diesem gelangten ein paar Jahre später durch die Vorsteherin einer Missionsschule, die auf Inspektionsreise in China war, nach Neuseeland. 1910 trugen diese auf der Insel erstmals Früchte. Nun nahm sich der Gartenbauwissenschaftler Hayward Wright der Pflanze an und züchtete die heute am meisten geerntete Sorte, die er bescheiden nach sich selbst „Hayward“ nannte. Dabei ist der Name Kiwi nach dem gleichnamigen Vogel keine botanische Bezeichnung. Er wurde um 1960 aus markttechnischen Überlegungen von der Gartenbaufirma Turners & Growers kreiert, um ein neuseeländisches Markenprodukt zu schaffen. Andere Quellen nennen das Jahr 1847, in dem die Kiwi nach Europa gekommen sein soll (Bärtels & Schmidt 2014).
Die Kiwi ist von Natur aus zweihäusig, es gibt aber auch selbstfruchtbare Sorten wie `Jenny´ oder `Solissimo´. Nichtgeerntete Früchte bleiben den ganzen Winter über auf der Pflanze und können so von Spaziergängern lange Zeit geerntet werden und dienen Vögeln und Kleinsäugern als Winterfutter.
Die Art neigt offenbar verhältnismäßig leicht zur Verwilderung, wie mehrere Nachweise in Italien, dem Hauptanbaugebiet in Europa, erkennen lassen. Funde von Verwilderungen aus dem Gebiet sind mit stark steigender Tendenz seit der Jahrtausendwende festzustellen.
DEUTSCHLAND: 
Erst in den letzten Jahren vermehrt verwildert, so 2007 bei Neuenbürg in Baden-Württemberg (Radkowitsch 2007), 2004 in Blocksteinfluren am Ufer des Leitenbaches bei Gundelsheim und ausgepflanzt bei Rötz im Oberpfälzer Wald in Bayern (Meierott 2008, Rowinski 2019, Meierott & al. 2024), bis 2009 ein spontanes Vorkommen in Hamburg-Wilhelmsburg, das trotz Abhackens immer wieder austrieb (Prondzinski 2005, Poppendieck & al. 2011), ganz vereinzelt an mikroklimatisch begünstigten Stellen in Hessen, so 2009 am Osthafen Frankfurt am Main (Kasperek 2012), 1998 in Stolberg-Binsfeldhammer, 2017 am Wupperufer bei Sonnborn in Wuppertal und 2023 eine Pflanze in einer Ufermauer des Deilbachs in Velbert-Langenberg in Nordrhein-Westfalen (Kasperek 2004, BBV 2018, BBV 2024), 1993 bis zumindest 1995 am Bahnhof Mundenheim in Rheinland-Pfalz (Mazomeit 1995, Hand & Thieme 2023) und Schönebeck in Sachsen-Anhalt (Brandes 2007).
ÖSTERREICH:
U. a. in Oberösterreich in einem thermophilen Buchenwald bei Ebensee im Salzkammergut (Stöhr & al. 2007), Gutratberg bei Hallein und Hellbrunner Straße und Johannes-Freumbichler-Weg in der Stadt Salzburg (Pflugbeil & Pilsl 2013, Pilsl & al. 2008), in Graz-Webling, Graz-Jakomini und 2024 abseits der Siedlungen auf einer Waldlichtung am Zigöllerkogel bei Köflach in der Steiermark (Leonhartsberger 2015, Griebl 2024), in Nordtirol bei Kufstein an einer Forststraße beim Lochererbodenweg (Hofbauer 2005) und bei Fritzens (Pagitz & Lechner-Pagitz 2015), im Bregenzerwald bei Schwarzenberg und am Rheindamm in Vorarlberg (Amann 2016), in Wien in der Weimarer Straße, auf der Trasse der U-Bahn 6 bei der Station Volksoper, am Donaukanal, 2019 Heuberg bei Neuwaldegg und am Bahnhof Heiligenstadt im 19. Wiener Gemeindebezirk (Stöhr & al. 2009, Falkner 2019, Vitek & al. 2021, Essl & Stöhr 2006). Der Erstnachweis für Österreich erfolgte 2002 (Glaser & al. 2025).
SCHWEIZ: 
Vielfach im Kanton Genf und Tessin (Infoflora 2023), sonst vereinzelt, so in Sissach im Oberbaselbiet im Kanton Basel-Landschaft (Lüthi 2018), bei Brusio im Puschlav in Graubünden, 2016 bei Stans im Kanton Nidwalden  inmitten eines Waldes (Odermatt & al. 2016), bei Walenstadt in St. Gallen und mehrfach im Rhonetal des Wallis (Infoflora 2023).
ANDERE LÄNDER:
Subspontan u.a. auch in Norwegen (Gederaas & al. 2012), den Niederlanden (FLORON 2021), seit 2000 in Belgien (Verloove 2021), in Italien (Galasso & al. 2024), seit 2008 in Tschechien (Pyšek & al. 2012) und in den USA (Seviss & al. 2012).

Weitere Arten:

Actinidia arguta

Der im Gebiet vollkommen winterharte, ostasiatische Scharfzähnige Strahlengriffel, Actinidia arguta, wird zunehmend häufig als rankendes Obstgehölz in verschiedenen Sorten wie `Weiki´, die „Bayern-Kiwi“, `Maki´ aus der Schweiz oder `Julia´, die „Sachsen-Kiwi“, kultiviert. Auch Hybriden mit A. chinensis wie die Sorte `Red Beauty´ finden sich im Pflanzenhandel. Die Art wird seit spätestens 1874 in Europa kultiviert (Bärtels & Schmidt 2014). Sie ist stadtklimafest, rauchhart, spätfrostempfindlich und zweihäusig (Bruns 2009).

 
In Japan gibt es schon länger verschiedene Sorten, in Europa begann die Sortenzüchtung in der Ukraine Mitte des 20. Jahrhunderts durch I.M. Shaitan vom Botanischen Garten in Kiew. Es folgten Deutschland, Schweiz und Tschechien. In Österreich brachte die Baumschule Praskac in den 1980er Jahren erstmals unsortierte Pflanzen unter dem japanischen Namen Kokuwa bzw. übersetzt als Honigbeere in den Handel.
Verwilderung im Gebiet sind bisher sehr selten, so in Osttirol (Pagitz & al. 2023). Der Erstnachweis für Österreich erfolgte 2019 (Glaser & al. 2025). Der Fundort Klosterwiesgasse in Graz ist nicht verwilderter Natur, sondern gepflanzt (pers. Mitt. Christian Gilli 15.11.2020). Subspontan u.a. auch in Norwegen (Gederaas & al. 2012).

Actinidia polygama

In Ostasien ist auch der Japanische Strahlengriffel, Actinidia polygama, beheimatet. Matatabi, wie die Pflanze auch heißt, wird bei uns seit etwa 1841 selten als Wildobst und Sichtschutz kultiviert. Die Früchte sind sehr wohlschmeckend, aber etwas weniger gut als die von A. arguta. In ihrer Heimat wird die Pflanze vielseitig verwendet, so etwa als traditionelle Heilpflanze und zum Zwecke des Katzen Verwöhnens. Im Gebiet wird die Art 1910 subspontan für eine Gärtnerei in Speyer in Rheinland-Pfalz angegeben (Zimmermann 1913). Die Art ist in der deutschen Florenliste (Hand & Thieme 2023) nicht enthalten.
 

Quellen:

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BBV-Bochumer Botanischer Verein (2018): Beiträge zur Flora Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 2018 – www.botanik-bochum.de/fundeNRW.htm

BBV–Bochumer Botanischer Verein (2024): Beiträge zur Flora Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 2023 - Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 15: 185-232.


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