Acanthus

Akanthus, Akanthusgewächs, Acanthaceae

Gattung:

Acanthus umfasst etwa 30 Arten (Kew 2022), die vom Mittelmeergebiet und Südafrika bis Nordaustralien beheimatet sind. In Kultur sind neben mehreren Arten auch komplexe Kulturhybriden zwischen den drei auch in Europa heimischen Arten Acanthus balcanicus, A. mollis und A. spinosus zu finden (Brummitt 2009).
 

Acanthus mollis

Weicher Akanthus,
Acanthus mollis 
Akanthusgewächs, Acanthaceae

Steckbrief:

40–100 cm hohe Staude mit dunkelgrünen, weichen, unterseits kahlen oder kurz flaumig behaarten Blättern. Spreite der Grundblätter im Umriss eiförmig bis dreieckig-herzförmig, fiederteilig bis gebuchtet, nicht bis zum Grund geteilt, Blattbuchten eng, Blattabschnitte am Grund nicht verschmälert. Blüten mit dreiteiliger, weißer Unterlippe, Oberlippe stark reduziert, mit 4 ungleichen Kelchblattlappen. Oberstes Blütenblatt rötlich-violett, helmförmig, die seitlichen klein und lanzettlich, das untere meist vom dornigen Tragblatt verdeckt. Früchte glänzend, ellipsoid, zweifächerig, mit 2–4 Samen. Blütezeit Mai bis Juni.    
Verwechslungsmöglichkeit: Der südosteuropäische Balkan-Akanthus, Acanthus hungaricus, hat Blattabschnitte, die am Grund verschmälert sind. Die richtige Bestimmung von verwilderten Pflanzen ist nicht immer eindeutig möglich, weil Kulturformen oft hybridogen aus Acanthus mollisA. hungaricus und A. spinosus entstanden sind (Verloove 2021).
 

 


 

Nutzung:

Zierstaude, auch in Sorten wie `Hollard´s Gold´ oder `Whitewater´.
 

Ausbreitung:

Beheimatet im westlichen Mittelmeergebiet, bereits im 16. Jahrhundert in deutschen Gärten als Zierpflanze genutzt (Wein 1914). Gegenwärtig im Gebiet vereinzelt subspontan auftretend.
DEUTSCHLAND:
Verwildert in der Wilhelma in Stuttgart in Baden-Württemberg (Böcker & al. 2017), Bayern (Hand & Thieme 2023), Hessen (Hand & Thieme 2023), Rheinland-Pfalz (Hand & Thieme 2023) und 1904 bei Förhta in Thüringen (Breitfeld & al. 2021). Die Angabe von Fiedler (1944) von der Mitteldeutschen Großmarkthalle Leipzig in Sachsen findet hier keinen Eingang, weil es sich bei den Funden nur um Pflanzenteile im Verpackungsmaterial gehandelt hat.
ÖSTERREICH:
in der Stadt Salzburg in der Stöcklstraße und 2002 in Gois bei Großgmainberg im Salzburger Flachgau (Schröck & al. 2004, Pilsl & al. 2008). Bei dem für Kematen a. d. Ybbs in Niederösterreich (Essl 2008) gemeldeten Fund handelt es sich nach einer Revision wahrscheinlich um eine Kulturhybride aus A. hungaricus und A. spinosus (Sauberer, Rechenauer & Vergörer in: Gilli & al. 2021)
Auch bei den Fundangaben aus Salzburg (Pflugbeil & Pilsl 2013) dürfte es sich höchstwahrscheinlich um verwilderte Gartenhybriden handeln (Gilli & al. 2021, Glaser & al. 2025).

SCHWEIZ:
Vielfach, so in den Kantonen Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Genf, Graubünden, Neuenburg, St. Gallen, Tessin, Waadt, Wallis und Zürich (Infoflora 2024)Unter Indigenat findet sich dazu bei Infoflora (2024): Kultivierter Neophyt: nach dem Jahr 1500 in der Schweiz aufgetreten. Es dürfte sich also durchwegs um kultivierte Pflanzen handeln.
ANDERE LÄNDER:
Subspontan auch in den Niederlanden (FLORON 2021), in Belgien seit den 1990er-Jahren (Verloove 2021).

Weitere Arten:

Acanthus hungaricus

In Südost-Europa ist der Balkan-Akanthus, Acanthus hungaricus (Syn.: A. balcanicus), beheimatet, der selten als Zierstaude seit 1869 kultiviert wird (Jäger & al. 2008), auch in wenigen Sorten wie `White Lips´ (ISU 2016). Beim im Pflanzenhandel zu findende Acanthus caroli-alexandri, einem griechischen Endemiten, handelt es sich durchwegs um A. hungaricus (Jelitto & al. 1990).
Sehr selten tritt die Pflanze subspontan auf, so in Köln in Nordrhein-Westfalen durch Gartenauswurf (Sumser & al. 2015). Die Art ist in der deutschen Florenliste (Hand & Thieme 2023) nicht enthalten. In Österreich 2011 bei Bärndorf westlich Zwentendorf und 2020 in Maria Enzersdorf in Niederösterreich (Bernhardt & al. 2013, Sauberer, Rechenauer & Vergörer in: Gilli & al. 2021). 2014 wurden einige Pflanzen am Rand eines Gehsteiges am Alten Markt in Obernberg am Inn in Oberösterreich gefunden. Dabei handelte es sich um Verwilderungen aus dem angrenzenden „Plungergarten“ (Hohla 2014, Hohla 2022). Wahrscheinlich handelt es sich bei dem oberösterreichischen Fund um Kulturhybriden aus A. hungaricus × A. spinosus (Sauberer, Rechenauer & Vergörer in: Gilli & al. 2021). Weiters im Tauglgries bei Bad Vigaun in Salzburg (Pflugbeil & Pilsl 2013, Eichberger & al. 2014, Walross 2019) und 2019 nordöstlich von Erl unterhalb der Pastaualm in Nordtirol (Sauberer, Rechenauer & Vergörer in: Gilli & al. 2021, Jacq 2023). Der Erstnachweis für Österreich erfolgte 2013 (Glaser & al. 2025)
Subspontan auch in Belgien (Verloove 2021), Frankreich (INPN 2021) und seit 1999 in Tschechien (Pyšek & al. 2012).

Acanthus spinosus

Mediterraner Herkunft ist der Dornige Akanthus, Acanthus spinosus, der seit 1613 sehr selten als Zierstaude kultiviert wird (Jäger & al. 2008) und sehr selten unbeständig auftritt.
 
 
So am Mönchsberg und in Liefering in der Stadt Salzburg (Pflugbeil & Pilsl 2013, Eichberger & al. 2014). Wahrscheinlich handelt es sich bei den Funden um Kulturhybriden aus A. hungaricus × A. spinosus (Sauberer, Rechenauer & Vergörer in: Gilli & al. 2021).
In Belgien subspontan seit 2016 (Verloove 2021), subspontan auch in Frankreich (INPN 2021) und 1942 in Großbritannien (Seebens & al. 2017).

Quellen:

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Böcker R., Hofbauer R., Maass I., Smettan H. & Stern F. (2017): Flora Stuttgart; 732 S.

Breitfeld M., Hertel E. & Baumann A. (2021): Flora Adventiva – Eine Zusammenstellung der in Deutschland nachgewiesenen Pflanzen, welche nicht in den Bestimmungswerken erwähnt werden; Markneukirchen, 677 S.

Brummitt R. K. (2000): 9. Acanthus Linnaeus. – In Cullen J., Alexander J. C. M., Brickell C. D., Edmondson J. R., Green P. S., Heywood V. H., Jørgensen P.-M., Jury S. L., Knees S. G., Maxwell H. S., Miller D. M., Robson N. K. B., Walters S. M. & Yeo P. F. (Eds.): The European Garden Flora 6: 364–366. – Cambridge (U.K.): University Press.

Eichberger C., Pflugbeil G. & Arming C. (2014/2015): Floristische und vegetationskundliche Beiträge aus Salzburg, XVIII. – Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 154-155: 617–680.

Essl F. (2008): Bemerkenswerte floristische Funde aus Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark, Teil V - Linzer biol. Beitr. 40/1: 341–369.

Fiedler O. (1944): Die Fremdpflanzen an der Mitteldeutschen Großmarkthalle zu Leipzig und ihre Einschleppung durch Südfruchttransporte 1937-1942 – Hercynia 3 (7/8): 608-660.

FLORON (2021): Floron Verspreidingsatlas Vaatplanten – www.verspreidingsatlas.nl

Gilli C., C. Pachschwöll & H. Niklfeld (2021): Floristische Neufunde (430-508) – Neilreichia 12: 291-400.


Glaser M., C. Gilli, N. Griebl, M. Hohla, G. Pflugbeil, O. Stöhr, P. Pilsl, L. Ehrendorfer-Schratt, H. Niklfeld & F. Essl (2025): Checklist of Austrian neophytes (2nd edition) – Preslia 97: 413−539.

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Hohla M. (2014): Zobodat-Herbarbelege - http://www.zobodat.at/belege.php?id=100397157

Hohla M. (2022): Flora des Innviertels – Stapfia 115, 720 S., unter besonderer Mitwirkung von F. Grims†, R. Krisai†, P.A.Kraml, S. Kellerer, G. Kleesadl, G. Pflugbeil, P. Pilsl, J. Samhaber, C. Schröck, J.A. Stemper, O. Stöhr & W. Zahlheimer


Infoflora (2024): Das nationale Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora – https://www.infoflora.ch/de/

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